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Abzuwaschen gehört zu Kimanys Verpflichtungen im Haushalt. (Foto: Stiftung Presencia)

Ein Tag im Leben von … KIMANY PALOMEQUE ARCILA

Fleissig, ehrgeizig und etwas schüchtern – das ist Kimany, Begünstigter der Stiftung Presencia. Begleiten Sie ihn durch seinen Alltag. 

Heute ist Dienstag, ein guter Tag, ein Fussballtag. Kimany steht um 7 Uhr auf. Seine Mutter hilft ihm dabei, das Frühstück vorzubereiten: Arepa, der traditionelle Fladen aus Maismehl, mit Rührei. Mama Jesica María ist sehr auf seine Selbständigkeit und Eigenverantwortung bedacht. Deshalb lässt sie den Neunjährigen so viel wie möglich selbst erledigen. Nach dem Frühstück läuft er zum Fussballplatz im Quartier, wo sein geliebtes Training stattfindet. Er will pünktlich sein. Seit vier Jahren schon trainiert er regelmässig. Am Dienstag, Mittwoch, Freitag und an den Wochenenden. Denn Kimany hat einen Traum: Er möchte Fussballer werden.

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Kimany nimmt das Fussballtraining sehr ernst; er will Fussballer werden. (Foto: Stiftung Presencia)

Während der Woche am Vormittag zum Fussballtraining? Geht Kimany nicht zur Schule? Doch, und zwar in die fünfte Klasse einer öffentlichen Schule in seinem Quartier El Limonar im Süden Medellíns. In Kolumbien ist üblich, dass öffentliche Schulen im Zwei-Schicht-Betrieb funktionieren. Die eine Hälfte der Schülerinnen und Schüler besucht den Unterricht am Vormittag, die andere Hälfte – so wie Kimany – am Nachmittag.

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Am Standort von Presencia verbringt Kimany Zeit mit anderen Begünstigten. (Foto: Stiftung Presencia)

Nach dem Training führt ihn sein Weg nicht zuerst nach Hause, sondern zum Standort der Stiftung Presencia. Dort wartet ein Imbiss auf ihn und die Betreuerinnen, die ihn herzlich empfangen. Kimany ist etwas schüchtern und spricht nicht viel. Aber seine Freude ist spürbar, ganz besonders am Donnerstag, an dem er den ganzen Morgen am Standort verbringt und mit seiner Betreuerin Yesenia und anderen Begünstigten bastelt, spielt und lernt.

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Kimany daheim mit seiner Mutter und seiner Hündin. (Foto: Stiftung Presencia)

Kimany ist diszipliniert und schreibt gute Noten. Um 17.45 Uhr schrillt die Glocke zum Schlussschluss. Seine Mutter erwartet ihn vor der Tür. Daheim macht er als erstes die Hausaufgaben. Der ehrgeizige Junge setzt alles daran, damit noch am gleichen Tag fertig zu sein, denn am nächsten Morgen will er wieder zum Fussballtraining. 

Vor dem Abendessen bleibt Kimany etwas Zeit, um sich mit dem Hund zu beschäftigen oder mit den Freunden im Quartier noch einmal den Fussball rollen zu lassen. Später sinkt er müde ins Bett. Sein grosses Ziel vom Fussballprofi wird hoffentlich nicht nur in seinen Träumen wahr.

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Stiftungsratspräsident Oscar Olano tauscht sich mit begünstigten Jugendlichen aus. (Foto: Stiftung Presencia)

Im Austausch mit dem Stiftungsratspräsidenten

Seit 14 Jahren schon ist Dr. Oscar Olano Präsident des Stiftungsrats von Presencia. Jetzt ist er wieder nach Kolumbien gereist. Was sind seine Eindrücke?

Oscar Olano, Sie haben eine weite Reise hinter sich. Ist es für Sie als Stiftungspräsident nötig, selbst vor Ort zu gehen? 

Unbedingt – unsere Geschäftsführerin Nina Müller reist zwar mindestens einmal pro Jahr nach Kolumbien. Aber es entspricht unserem Verständnis, dass der Stiftungsrat als oberstes Aufsichtsorgan, vor allem dessen Präsident, persönlich vor Ort unsere Projekte und unsere Mitarbeitenden besucht und den direkten Kontakt pflegt. 

Gab es einen bestimmten Grund, warum Sie gerade jetzt nach Kolumbien gereist sind? 

Ich war das letzte Mal 2019 dort, bevor die Pandemie ausbrach. 2023 war es mir leider nicht möglich, zu reisen – deshalb habe ich das jetzt sehr gerne nachgeholt. 

Was waren die wichtigsten Programmpunkte? 

Ich habe begünstigte Kinder und Jugendliche jeder Altersstufe kennengelernt und zum Teil auch ihre Familien und Wohnungen gesehen. Nebst diesen Besuchen standen die persönlichen Gespräche mit der lokalen Stiftungsleitung im Vordergrund, in denen wir uns den mittel- und längerfristigen Zielen und Perspektiven gewidmet haben. 

Was hat Sie am meisten beeindruckt? 

Die Herzlichkeit und Wärme, die den Kindern und Jugendlichen in unserer Institution entgegengebracht werden; dass unsere Betreuerinnen jedes – wirklich jedes – Kind mit Namen und seinem sozialen Hintergrund kennen.

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Die Kinder freuen sich über den Besuch aus der Schweiz. (Bild: Stiftung Presencia)

Das letzte Mal waren Sie im Jahr 2019 in Medellín. Haben Sie Veränderungen wahrgenommen? 

Die Stadt ist nochmals lebhafter geworden. Der Tourismus hat zugenommen, aber die Armut ist nach wie vor da, wenn auch an den «Tour-Hotspots» etwas weniger offensichtlich. 

Welchen Eindruck haben Sie von dem neu erworbenen Haus, das die Stiftung nun umbaut? 

Das Haus ist alt, wir müssen es komplett umbauen und in Stand setzen – aber es «lebt» schon sehr, auch dank der farbenfrohen Bemalung durch eine Jugendliche, die durch uns betreut wird.

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Führungsequipe vor dem neuen Standort; von rechts nach links: Teamleiterin Sandra Milena Sánchez Valderrama, Leiter der Presencia-Projekte Jaime Zuluaga Soto, Oscar Olano sowie Berater Jorge Alberto Montes Mora. (Bild: Stiftung Presencia)

Was nehmen Sie von Ihrer Reise mit? 

Die grosse Dankbarkeit der Familien, die ich besucht habe, und das Engagement der Kinder und Jugendlichen, die in ihrem Leben einen Schritt vorwärts machen möchten. Ich konnte es fast nicht glauben: Die Schule fängt in Medellín um 6 Uhr morgens an, sogar für die Erstklässler! Wir setzen uns dafür ein, dass diese Kinder eine Perspektive erhalten. Wir wollen verhindern, dass sie ab der 6. Klasse lieber die Schule abbrechen und von den Drogenbanden im Quartier angeworben werden für so genannt «leicht verdientes Geld». 

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Begünstigte der Stiftung Presencia üben ihre Geschicklichkeit mit dem Kreisel. (Foto: Stiftung Presencia)

Was kolumbianische Kinder spielen

Was spielst du am liebsten? «Gamen» wäre in vielen Ländern sicher die Antwort, auch in Kolumbien. Aber da gibt es zum Glück noch mehr. Wir stellen Ihnen drei beliebte, typische Kinderspiele vor.

Viele Spiele kolumbianischer Kinder kennen wir auch bei uns: beispielsweise Jo-Jo (yoyo) oder «Schere, Stein, Papier» (piedra, papel o tijera), «Himmel und Hölle» (golosa), «Versteckis» (escondidas), «Zeitung lesen» (congelados) oder «Gluggern» mit Glasmurmeln (canicas). Auch Ballspiele gibt es in vielen Variationen, wobei Fussball im fussballverrückten Kolumbien sicher zu den beliebtesten gehört. Daneben gibt es weitere Spiele, die bei uns nicht oder wenig bekannt sind:

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Ein Begünstigter der Stiftung Presencia spielt mit der Pirinola. (Foto: Stiftung Presencia)

Coca oder Pirinola
Nicht das, was Sie jetzt vielleicht denken! In Kolumbien hat das Wort Coca – das auch eine Pflanze ist, aus der Kokain gewonnen wird – noch zwei andere Bedeutungen: zum einen wird damit ein Gefäss bezeichnet, in dem beispielsweise das vorgekochte Mittagessen zur Arbeit mitgenommen wird. Zum anderen ist es ein traditionelles Geschicklichkeitsspiel, das in ganz Lateinamerika beliebt ist und schon bei den Azteken bekannt war. In einigen Gegenden, so auch in Medellín, wird es Pirinola genannt. Es besteht aus einem kurzen Holzstab und einer Holzkugel mit einem Loch, in das der Stab passt. Die beiden Teile sind durch eine Schnur miteinander verbunden. Ziel ist es, mit dem Stab das an der Schnur befestigte Holzteil so geschickt zu schwingen und aufzufangen, dass es auf dem Stabende steckt. 

Video auf YouTube: Zehn Arten, mit der Coca zu spielen

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Eine grosse Runde «Zapatito cochinito» am Sitz der Stiftung
Presencia. (Foto: Stiftung Presencia)

Zapatito cochinito
Kein eigentliches Spiel, aber ein beliebter Abzählreim. Mit «zapatito cochinito, cambia de piecito» (kleiner, dreckiger Schuh, wechsle den Fuss), wird ermittelt, welches Kind beispielsweise bei einem Spiel anfängt. Alle Kinder stehen dabei in einem Kreis und stellen einen Fuss so hin, dass sich die Schuhspitzen berühren. Das Kind, das den Vers aufsagt, berührt bei jeder Silbe reihum den Schuh eines anderen Kindes. Das Kind, dessen Schuh am Ende des Reims berührt wird, muss den anderen Fuss in den Kreis stellen. Wen es zum zweiten Mal trifft, muss raus. Das Kind, das am Schluss übrigbleibt, gewinnt.

Trompo
Kreisel sind auch bei uns bekannt, aber in Kolumbien wird das Spiel bis zur Meisterschaft betrieben. Grosse und kleine Kreisel werden eng mit einer langen Schnur umwickelt. Um den Kreisel anzutreiben, wird ruckartig daran gezogen. Dadurch wird der Kreisel in die Luft oder Richtung Boden geschleudert, wo er sich auf der Spitze balancierend weiterdreht – üblicherweise auf dem Boden oder einem Tisch, aber bei den Geschicktesten kann es auch auf der Hand oder dem Finger sein. Übrigens ist das Spiel auch bei den Erwachsenen beliebt. Warum auch nicht? Schön, wenn man immer ein bisschen Kind bleiben darf.